Unsere „Kleine“ war inzwischen schon vier Jahre alt. Da wäre doch noch mal was Kleines zum Schmusen schön gewesen. Und es war der Gedanke da, durch noch ein Kind wertvoller zu werden. Ich sprach mit meinem Mann über meinen Kinderwunsch und ich wollte unbedingt – wurde auch schnell schwanger und freute mich riesig.
Leider hatte ich zu Beginn des 4. Monats einen Abgang. Ich litt zwar sehr darunter, tröstete mich aber damit, in drei Monaten – nach Meinung der Ärzte – wieder schwanger sein zu können.
Es „klappte“ auch wieder. Dieses Mal war ich dann aber doch recht ängstlich, was menschlich gesehen ja verständlich ist. Ich bat eine Christian Science Praktikerin, mir während dieser Schwangerschaft durch Gebet beizustehen und die Furcht nahm durch diese Arbeit auch ab.
Als ich wieder im 4. Monat war, stellte der Arzt bei einer Ultraschall-Untersuchung dann aber fest, dass das Kind nicht mehr lebte.
Jetzt war ich wirklich fertig – mit mir und der Welt!
Aber ich begann auch, über meinen Wunsch nach einem vierten Kind intensiver zu beten.
Warum hatte es denn erst mit dem Kind geklappt, und dann verabschiedete es sich wieder?
War meine Angst schuld daran? Wollte Gott das Kind nicht?
War es nur Eigenwillen gewesen?
Ich drehte mich immer im Kreis – so kam ich nicht vorwärts!
Meine Familie tröstete mich, wo und wie sie nur konnte. Aber ich wusste auch, passives Warten würde nichts nutzen. Ich hatte nun den Wunsch, mich mit anderen, die auch diesen Weg in Christian Science gingen, über die Ideen aus Wissenschaft und Gesundheit auszutauschen
und sie intensiver zu leben.
So meldete ich mich und die Kinder zu einem Familientreffen an, bei dem es im Vordergrund stand, wie wir die Inhalte aus „Wissenschaft und Gesundheit“ sinnvoll im Alltag praktizieren können. Danach wusste ich, dass ich am Klassenunterricht in Christian Science, einem 12-tägigen Kurs teilnehmen wollte. Ich wollte ein tieferes Verständnis von mir und meiner Beziehung zu Gott bekommen und die geistigen Gesetze besser verstehen, die hinter allem und auch hinter jeder Heilung stehen.
Diese Zeit des Kurses war für mich total inspirierend. Ich fühlte mich wie bei einem Puzzlespiel, in dem nun viele einzelne kleine Teile ein sinnvolles Ganzes ergaben. Für mich waren es Gedanken, die für mich nun im Zusammenhang Sinn machten und mit denen ich aktiv an meinen Zielen arbeiten konnte.
Auch hierbei spürte ich den Rückhalt meiner Familie, die mich voll bei diesem Studium unterstützte. Der Wunsch nach noch einem Kind blieb aber vorerst! Immer deutlicher wurde mir jedoch, dass ich nicht ein Kind brauchte, um dadurch selbst wertvoller zu werden. Irgendwie war da der Gedanke, dass man mehr zählt, je mehr Kinder man hat – hatte ich doch selbst Familien mit vier und mehr Kindern immer bewundert.
Mein Mann sprach sich nun aber ganz klar – auch aus Sorge um mich – gegen eine weitere Schwangerschaft aus und brachte den Gedanken auf, ein Pflegekind bei uns aufzunehmen.
Ja, das fand ich auch gut! Es gab ja so viele Kinder, die sich nach einer Familie sehnten.
Schon zwei Wochen nach einem Kurs für „werdende Pflegeltern“ wurden wir vom Jugendamt gefragt, ob wir uns vorstellen könnten, für 2-3 Wochen ein 5 Monate altes Kind tagsüber bei uns aufzunehmen.
Wow!
Das war ja das, was ich mir gewünscht hatte: so schnell ging dieser Wunsch in Erfüllung!? Ich staunte nur noch und wir alle freuten uns!
Die Eltern des Kindes stammten aus Thailand: die Mutter musste kurzfristig in ihre Heimat zurück, konnte das Kind nicht mitnehmen und der Vater war berufstätig. Ich sollte also das Kind in seiner Arbeitszeit betreuen. Und es klappte wirklich hervorragend! „Klein-Gabi“ war so lieb und pflegeleicht und passte sich bestens in unsere Familie ein. Jeder gewann sie lieb und ich denke, auch für den Vater wurden wir Freunde! Die Zeit, in der wir „unser“ Kind betreuten, verlängerte sich jedoch und es wurde aus anfänglichen 2-3 Wochen ein gutes halbes Jahr.
In dieser Zeit nun wurde ich geheilt! Ja, Sie haben richtig gelesen! Ich erlebte meine Heilung, sowohl von der Enttäuschung über die Fehlgeburten als auch von diesem Wunsch nach einem eigenen vierten Kind!
Ich betreute „Klein-Gabi“ sehr gerne und hatte wirklich viel Freude mit ihr. Aber ich merkte auch, dass die Zeit für so ein kleines Kind in unserer Familie irgendwie „abgelaufen“ war. Unsere Kinder hatten weitere Interessen entwickelt und mit „Klein-Gabi“, so lieb sie war, konnte man einiges einfach nicht so leicht durchführen wie mit unseren Großen: ob es nun der Besuch im Schwimmbad war, das Minigolfen, Ausflüge oder auch nur Vorlesen, Basteln, …
Ich erlebte unsere Kinder in dieser Zeit ganz neu. Ich schätzte sie wieder viel mehr und merkte, wie schön es mit ihnen war, auch wie selbstständig sie schon waren! Ich brauchte nichts „Kleines“
mehr zusätzlich, um mich als „wertvoll“ sehen zu können! Ja, es vollzog sich ein Wandel in mir, in meinem Denken.
Und ich war dann wirklich froh, als Gabis Mutter zurückkam und ich wieder „frei“ war, das zu tun, was mir wichtig war. Es entwickelte sich in mir dann auch eine neue Selbstständigkeit. Ich wurde zu einem eigenen Betätigungsfeld geführt, in dem ich ausgefüllt und glücklich war (und auch jetzt noch bin). Und ich genieße es zunehmend, auch mal ohne Kinder unterwegs sein zu können.
Auch familiär tat sich eine ganze Menge: wir hatten dann noch jahrelang Besuch von Kindern z. B. aus Weißrussland, die bei uns ihre Ferien verbrachten und sich, wie man sah, sehr wohl fühlten.
Und es war jedes Mal schön mitzuerleben, wie sich durch diese Besuche unsere Familie öffnete und wir hier auch wieder für die anderen eine Art Familie wurden. Unsere Familie wächst gewissermaßen immer weiter, auch ohne „leibliche“ Kinder!
Und wenn ich jetzt kinderreiche Familien sehe, freue ich mich für sie, spüre aber, dass es für mich, ja für uns alle genau so, wie es ist, richtig und gut ist.
Und dies zu spüren und zu fühlen, ist für mich unheimlich erleichternd!
Ja, es war eine wunderbare Heilung!